Nebenkostenabrechnung Frist für Abrechnung und Nachzahlung

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Wird im Mietvertrag vereinbart, dass der Mieter z.B. eine monatliche Nebenkostenvorauszahlung zu leisten hat – was der Regelfall ist –  ist der Vermieter zur Abrechnung verpflichtet. Dabei bestimmt § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB, dass die Nebenkostenabrechnung dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraumes mitzuteilen ist. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, er hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten, § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB.

Diese 12-Monatsfrist hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits mehrfach bestätigt, u. A. in seinem Urteil Az: VIII ZR 249/15 vom 25.01.2017.

Hierbei muss der Abrechnungszeitraum nicht zwingend vom 01. Januar bis zum 31. Dezember gehen. Es kann auch abweichend festgelegt werden und sich beispielsweise am Einzug des Mieters richten. Würde der Mieter zum 01. Juli einziehen, so ist auch ein Abrechnungszeitraum vom 01.07 bis zum 30.06 des Folgejahres möglich.

Fälligkeit und Verjährung einer Nebenkostennachzahlung

Ist dem Mieter eine ordnungsgemäße (also korrekte) Nebenkostenabrechnung in Textform fristgerecht zugegangen, begründet dies die Fälligkeit eines möglichen Nachzahlungsanspruchs zugunsten des Vermieters – sofern sich eine Nachzahlung der Betriebskosten ergeben hat.

Dieser Anspruch unterliegt gemäß § 195 BGB der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. § 199 Abs. 1 Nr.1 BGB bestimmt dabei, dass diese dreijährige Frist mit dem Ende des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist.

Diese Verjährungsfrist von drei Jahren gilt für Mieter (bei Nebenkostenguthaben) und Vermieter gleichermaßen. 

Keine Überprüfungsfrist vor Eintritt der Fälligkeit

Verschiedentlich wird die Ansicht vertreten, dass die Fälligkeit der Nachzahlungsforderung erst eintritt, wenn nach Erteilung der Abrechnung zunächst eine angemessene Frist zu ihrer Überprüfung durch den Mieter verstrichen ist (so etwa OLG Hamm WuM 1982,72). Dem hat sich der Bundesgerichtshof nicht angeschlossen.

Der Vermieter kann gemäß § 271 Abs. 1 BGB die Nachzahlung sofort verlangen, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist. (BGH, Urteil v. 08.03.06, VIII ZR 78/05).

Was gilt, wenn der Vermieter die Nebenkostenabrechnung nicht rechtzeitig macht?

Der grundsätzlich erst in drei Jahren verjährende Nachzahlungsanspruch kann aber verwirkt sein, wenn der Vermieter nicht innerhalb von 12 Monaten nach dem Abrechnungszeitraum die Nebenkosten abrechnet. Dies folgt aus der gesetzlichen Sanktion in § 556 Abs. 3 Satz 3, der die grundsätzlich pflichtwidrige Verspätung der Abrechnung mit einem Anspruchsausschluss bestraft.

Ausnahme bei nicht verschuldeter Verspätung

Das Gesetz ordnet an, dass der Vermieter mit seiner Nachforderung nicht ausgeschlossen ist, wenn er die Verspätung der Abrechnung nicht zu vertreten hat.

Ein Verschuldensvorwurf trifft den Vermieter zum Beispiel dann nicht, wenn die Abrechnung dem Mieter nur deshalb nicht rechtzeitig zugegangen ist, weil für ihre Fertigstellung noch amtliche Unterlagen benötigt wurden, auf deren Ausfertigung und Überlassungszeitpunkt der Vermieter keinen Einfluss hat. Das gilt etwa für den Grundsteuerbescheid des Finanzamts, der der konkreten Ermittlung der Betriebskosten nach § 2 Nr.1 BetrKV zugrunde zu legen ist.

Endgültige Verwirkung nach Ablauf weiterer drei Monate

Aber auch von diesen Grundsätzen gibt es Ausnahmen, wie der Bundesgerichtshof geurteilt hat. Kann der Vermieter sich auf Umstände berufen, die sein Verschulden ausschließen, gewährt die Rechtsprechung ihm zunächst in der Regel drei weitere Monate nach Ablauf der Frist zur Nebenkostenabrechnung (BGH, Urteil v. 26.07.2006, VIII ZR 220/05; LG Berlin, Urteil v. 04.12.1990, 64 S 335/90).

Vermieter verantwortlich für zeitnahe Abrechnung

Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof aus, dass der Vermieter nach Wegfall des Abrechnungshindernisses nicht unbegrenzt warten darf, bis er die Abrechnung schließlich erteilt. Er muss für eine zeitnahe Abrechnung Sorge tragen.

Wenn er – etwa nach Erhalt der zur Fertigstellung der Abrechnung notwendigen Unterlagen – länger als drei Monate damit wartet, die Abrechnung zu erteilen, ist er mit der Nachforderung endgültig ausgeschlossen (BGH, Urteil v. 05.07.2006, VIII ZR 220/05). Den Zeitrahmen von drei Monaten entnimmt der Bundesgerichtshof dem § 560 Abs. 2 Satz 2 BGB, dessen Fristenbestimmung er in dieser Konstellation für analog anwendbar hält.

Leistungsverweigerungsrecht des Mieters

Der Nachzahlungsanspruch ist in diesen Fällen dementsprechend endgültig als verwirkt zu betrachten. Der Mieter darf dann darauf vertrauen, dass der Vermieter keinerlei Forderungen aus der Abrechnung mehr geltend macht. Tut er das gleichwohl, billigt das Gesetz dem Mieter den Einwand der Verwirkung aus § 242 BGB zu, der dem Leistungsverlangen des Vermieters rechtsvernichtend entgegengehalten werden kann.

Kein Neubeginn der Ausschlussfrist trotz Anerkenntnis des Mieters

Der Bundesgerichtshof hat ebenfalls entschieden, dass der Vermieter mit seinem Anspruch auf Nachforderung auch dann ausgeschlossen bleibt, wenn der Mieter noch vor Ende der Ausschlussfrist aus § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB den Ausgleich der Forderung zusagt und damit ein Anerkenntnis abgibt (BGH, Urteil v. 09.04.08, VIII ZR 84/07).

Dadurch wird der Lauf der Ausschlussfrist nicht erneut in Gang gesetzt. Die Verjährungsvorschrift in § 214 Abs. 1 Nr. 1 BGB, nach welcher die Verjährung erneut beginnt, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch vor Ablauf der Verjährung anerkennt, findet auf die Ausschlussfrist keine analoge Anwendung. Ihr Zweck, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit herzustellen, würde durch die Zulassung einer solchen Möglichkeit vereitelt.

Verwirkung nach rechtzeitiger Abrechnung durch Zeitablauf

Verwirkung kann aber auch dann eintreten, wenn die Nebenkostenabrechnung zwar formell ordnungsgemäß und fristgerecht erteilt wurde, der Vermieter in der Folgezeit aber einen ihm zustehenden Nachzahlungsanspruch nicht geltend macht.

Die Verwirkung kann aber immer nur dann angenommen werden, wenn neben dem Moment des Zeitablaufs auch die Umstände des Einzelfalles das Vertrauen des Mieters darauf rechtfertigen, der Vermieter werde von seinem Forderungsrecht keinen Gebrauch mehr machen.

Liegen objektive Anhaltspunkte vor, die eine abweichende Beurteilung nahe legen, ist nicht von einem Forderungsverzicht auszugehen. Das ist zum Beispiel regelmäßig der Fall, wenn bereits Anzahlungen auf die Nachzahlungsforderung erbracht wurden. Eine Verwirkung scheidet desgleichen immer aus, wenn der Vermieter sich seine Rechte ausdrücklich vorbehält.

Praxisfälle

In einem von der Rechtsprechung entschieden Fall hat der Mieter die Nachzahlungsforderung des Vermieters beanstandet und anwaltlich vertreten zurückgewiesen. Der Vermieter hat sich erst zweieinhalb Jahre später zu einer Klageerhebung entschlossen, ohne zwischenzeitlich die Erfüllung der Forderung anzumahnen. Aufgrund der langen Zeitspanne und des Schweigens des Vermieters durfte der Mieter davon ausgehen, dass der Vermieter kein Interesse mehr an der Nachforderung hat (LG Berlin, Urteil v. 16.10.01, 64 S 158/01).

Wartet der Vermieter über Jahre mit der Klage wegen einer Nachzahlungsforderung, hat er seinen Anspruch gegen den Mieter verwirkt. Ähnlich ist für das Gewerberaummietrecht geurteilt worden. Rechnet der Vermieter von Gewerberaum jahrelang die vereinbarungsgemäß geleisteten Abschläge des Mieters nicht ab, und lässt er dann weitere drei Jahre verstreichen, bevor er die Nachzahlung gerichtlich geltend macht, so ist der Nachzahlungsanspruch verwirkt und damit nicht mehr durchsetzbar (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 24.06.04, 24 U 92/4).

Fortbestehender Auszahlungsanspruch des Mieters bei Nebenkostenguthaben

Demgegenüber lässt der Ausschluss der Nachzahlungsforderung des Vermieters nach § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB einen möglichen Auszahlungsanspruch des Mieters unberührt, soweit die Abrechnung ein entsprechendes Guthaben ausweist. Der Ausschlusstatbestand des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB besteht zugunsten des Mieters. Sein Schutzzweck ist darauf gerichtet, den Vermieter zu einer zeitnahen Abrechnung der Nebenkosten anzuhalten, damit der Mieter Klarheit über die auf ihn zukommenden Zahlungen erhält und entsprechende wirtschaftliche Dispositionen treffen kann.

Das nicht vertragsgerechte Verhalten des Vermieters darf sich nicht zu Lasten des Mieters auswirken, so dass ein eventueller Guthabenanspruch immer an den Mieter auszuzahlen ist. Alles andere wäre mit der Funktion der Ausschlussfrist in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB, für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu sorgen unvereinbar (BGH, Urteil v. 09.04.08, VIII ZR 84/07).