Enterbte Kinder und Ehegatten haben beim Versterben des Erblassers einen Pflichtteilsanspruch. Die Berechnung des Pflichtteils erfolgt anhand der Pflichtteilsquote und des relevanten Nachlasses. Abgezogen werden dabei jedoch sogenannten Nachlassverbindlichkeiten. Die Frage, ob Grabpflegekosten auch zu diesen Verbindlichkeiten gehören, beschäftigte kürzlich den BGH (Urteil vom 26.05.2021, Az: IV ZR 1).

Gesetzlicher Alleinerbe soll teilen

Bei der Erblasserin handelte es sich um eine ältere Dame, deren Adoptivsohn ihr einziger gesetzlicher Erbe war. Im Testament ordnete sie an das er sich die Erbschaft mit weiteren Erben teilen sollte. Unterm Strich verblieb ihm eine Erbquote von lediglich 9 Prozent. Durch die letztwillige Verfügung wurde die Erbengemeinschaft dazu noch hinsichtlich der Grabpflege in die Pflicht genommen. Im Testament hieß es: „ der Rest ist für die Beerdigung und 20 Jahre Pflege des Grabes.“

Pflichtteilsanspruch geltend gemacht und eingeklagt

Der fast vollständig enterbte Adoptivsohn, dessen Pflichtteil immerhin die Hälfte des Nachlasses ausmachte, verlangte zu seinen 9 Prozent noch einen Pflichtteil in Höhe von 41 Prozent. Da seine Adoptivmutter auch noch eine Testamentsvollstreckung angeordnet hatte, wandte er sich mit seinem Anliegen an die Testamentsvollstrecker. Diese wollte lediglich 800 Euro zahlen. Schließlich  läge der Wert des Nachlasses bei lediglich 16.000 Euro und die Kosten der Beerdigung bei gut 6.000 Euro und die der Grabpflege bei 9.500 Euro.

Der Sohn wollte den von ihm anders berechneten Pflichtteil unbedingt durchsetzen und klagte ihn ein.

BGH berechnet Pflichtteil anders als die Vorinstanzen

Sowohl beim Amtsgericht als auch später beim Landgericht hatte der Kläger mit seiner Berechnung des Pflichtteils keinen Erfolg. Beide Gerichte reduzierten den Pflichtteilsanspruch aufgrund der Grabpflegekosten. Nur so könne man dem Willen der Verstorbenen Rechnung tragen.

Der schließlich angerufene Bundesgerichtshof war dies anders. Grabpflegekosten seien keine den Pflichtteil mindernden Nachlassverbindlichkeiten. Es handele sich rechtlich um eine Auflage im Testament. Eine andere Bewertung sei nur dann gerechtfertigt, wenn der Erblasser selbst zu Lebzeiten einen Vertrag über die Grabpflege abgeschlossen hätte und die Verpflichtung aus diesem Vertrag dann beim Erbfall auf die Erbengemeinschaft übergegangen wäre.

Wie wird der Pflichtteil berechnet?

Wer als enterbte Kind oder Ehegatte seinen Pflichtteil selbst berechnen will, muss zunächst die Pflichtteilsquote ermitteln, die halb so hoch ist wie die gesetzliche Erbquote. Als nächstes gilt es den pflichtteilsrelevanten Nachlass zu beziffern. Hierbei ist man auf Auskunft und Wertermittlungsansprüche des oder der Erben angewiesen. Gegebenenfalls werden hier auch lebzeitige Schenkungen des Erblassers an Dritte berücksichtigt.

Und schließlich sind auch, wie im BGH-Urteil oben dargestellt, die sogenannten Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Hierzu zählen insbesondere die Schulden des Verstorbenen sowie Verbindlichkeiten, die durch den Erbfall entstehen, also zum Beispiel Bestattungskosten oder Gebühren für die Testamentseröffnung. Nicht abzugsfähig sind jedoch Vermächtnisse, Auflagen und – wie gerade gelernt – Grabpflegekosten.